Mit der neuesten Version aus dem Jahr 2021 bietet Omega weiterhin eine attraktive Neuinterpretation seiner ersten echten Taucheruhr aus dem Jahr 1957, hat aber auch einige unerwartete Änderungen eingebaut, insbesondere im Vergleich zum direkten Vorgänger aus dem Jahr 2014. WatchTime nimmt die neue Seamaster 300 Co-Axial Master Chronometer genauer unter die Lupe.
Design
Für unseren Test stellte Omega ein Edelstahlmodell mit blauem Zifferblatt und passender Taucherlünette (Ref. 234.30.41.21.03.001) zur Verfügung – eine recht attraktive Kombination, die bisher nur in Platin, Bicolor oder Titan erhältlich war, wobei letzteres etwa ein Drittel mehr kostet als die Edelstahlversion mit schwarzem Zifferblatt. Angesichts des Vintage-Appeals des Modells (und der nach wie vor großen Beliebtheit blauer Zifferblätter) sind wir froh, dass diese Option nun auch in Edelstahl erhältlich ist und halten es für sinnvoll, hier nicht auf das Hightech-Metall zurückzugreifen, auch wenn Käufer dadurch aktuell keine leichte Option haben und stattdessen auf die etwas größere Diver 300m Co-Axial Master Chronometer „007 Edition“ (Ref. 210.90.42.20.01.001) zurückgreifen müssen.
Das Grunddesign der replica Uhren von 2021 und 2014 sowie des Urmodells von 1957 ist sehr ähnlich (siehe Übersichtsfoto unten). Auf den zweiten Blick werden jedoch einige Unterschiede deutlich. So trägt die neue Uhr lediglich das Logo und den historischen Schriftzug „Seamaster 300“ auf dem Zifferblatt; der Sekundenzeiger endet in einem leuchtenden „Lolipop“-Punkt statt in einem Pfeil, ein Merkmal, das bereits bei der äußerst beliebten limitierten Auflage „Spectre“ aus dem Jahr 2015 (Ref. 233.32.41.21.01.001) verwendet wurde; und auch die numerischen Stundenmarkierungen 3, 6, 9 und 12 sind nun wie die dreieckigen Stundenmarkierungen beige-braun statt silberfarben (und werden oft mit weiß verwechselt). Dies ist vor allem dem neuen Zifferblattdesign zuzuschreiben. 2014 wurden die Dreiecke vertieft und mit Leuchtmasse im Vintage-Stil gefüllt, die oft als „künstliche Patina“ (oder „Fauxtina“) beschrieben wird. Nun verwendet Omega ein Sandwich-Zifferblatt mit einer leuchtbeschichteten Grundplatte und einer perforierten Deckschicht mit Aussparungen für die numerischen Stunden. Wie üblich leuchten die meisten Anzeigen im Dunkeln blau, aber der Minutenzeiger und der entsprechende Nullpunkt auf der drehbaren Tauchlünette heben sich grün ab.
Auch die Lünettenschiene ist durchgehend mit Leuchtmasse beschichtet. Das Vorgängermodell besaß neben dem Leuchtpunkt silberne Ziffern aus Liquidmetal-Legierung. Das Grundmaterial für die Lünette war damals Keramik, heute ist es Aluminium. Den Vorteil des neuen Modells sehen wir in der einheitlicheren Farbgebung und höheren Leuchtkraft der Anzeigen. Als Nachteil gilt hier die geringere Kratzfestigkeit der Tauchlünette als bisher.
Die verschraubte Krone, die für die im Namen der Uhr angegebene Wasserdichtigkeit bis 300 Meter sorgt, ist beim neuen Modell zwar etwas kleiner, durch ihre konische Form aber ebenso ergonomisch wie die zylindrische Krone des Vorgängers. Wie bisher lässt sie sich in halb herausgezogener Stellung auch zum Vor- und Zurückstellen des Stundenzeigers nutzen, was beim Überqueren von Zeitzonen oder beim Wechsel von Sommer- auf Winterzeit nützlich ist. Für die Genauigkeit bei jeder Neueinstellung der Uhrzeit sorgt ein Sekundenstopp-Mechanismus. Diese mittlerweile gängige Technik stoppt den Sekundenzeiger, wenn die Krone komplett herausgezogen wird.
Armband
Auch das Armband hat Omega im Detail modifiziert. Wie bei so vielen anderen Bieler Retro-Modellen verjüngt sich das Armband zur Schließe hin. Zudem haben die Produktdesigner die polierten und mattierten Flächen vertauscht, so dass sich nun, wie schon 1957, die polierten Flächen auf den äußeren Gliedern befinden. Der optische Effekt ist umwerfend. Die gesamte Uhr wirkt durch das verjüngte Armband mit den äußeren polierten Gliedern eleganter. Das ist der Vorteil. Der Nachteil? Die äußeren Glieder liegen stärker frei als die inneren, was ebenso wie die Lünette die Anfälligkeit für Kratzer erhöht. Allerdings ist anzumerken, dass bei unserem Tragetest über mehrere Wochen kaum Kratzer auf dem Armband oder der Lünette zurückblieben.
Nahezu unverändert ist auch die gut verarbeitete Schließe. Die robuste Faltschließe ist dank einseitiger Öffnungsstruktur und zweier Faltdrücker sicher und leicht zu bedienen. Ein großer Vorteil: Im Inneren verbirgt sich eine patentierte Schnellverlängerung mit drei Raststufen, die sich per Druckknopfschieber zur Längenanpassung bedienen lässt. So lässt sich das Armband beispielsweise für mehr Tragekomfort an heißen Tagen um ein oder zwei 1,9-mm-Schritte verlängern. Das sind weniger als die sechs Schritte, die das Vorgängermodell bot, also seien Sie bei der ersten Größenbestimmung des Armbands sehr vorsichtig. Ganze und halbe Glieder sorgen für den Tragekomfort, sodass Sie nach einigem Ausprobieren sicher die richtige Länge finden.
Im Inneren der Glieder befindet sich ein stabiler Stift, der durch Schrauben auf beiden Seiten des Armbands festgehalten wird. Auch für dieses hochwertige Detail hält Omega ein Patent. Nach der richtigen Anpassung der Armbandlänge ist die Seamaster 300 von morgens bis abends sehr angenehm zu tragen.
Uhrwerk
Der Gehäuseboden aus Saphirglas hat keine glatte, runde Kante mehr, sondern eine wellenförmige, geriffelte Kante, die bei den meisten Seamaster-Modellen von heute zu finden ist. Das große transparente Fenster bietet einen Blick auf die präzisen, individuell verzierten, antimagnetischen Komponenten, aus denen das automatische, hauseigene Kaliber 8912 besteht. Dieses Uhrwerk ist strukturell identisch mit dem in der Generation 2014 verwendeten Kaliber 8400, das ebenfalls vom Eidgenössischen Institut für Metrologie (METAS) der Schweiz bewertet wurde. Die technischen Vorteile sind alle geblieben; der Rotor zieht in beide Richtungen auf und bietet eine überdurchschnittliche Gangreserve von 60 Stunden. Die Silizium-Spiralfeder kann auch bei Temperaturschwankungen oder Stößen einen äußerst genauen Gang gewährleisten. Das Unruhrad ist unter einer Brücke montiert, was für mehr Stabilität und Sicherheit als ein einseitiger Unruhkloben sorgt; vier Ausgleichsgewichte zur Feineinstellung lassen es frei „atmen“. Und nicht zuletzt sorgt Omegas eigene Co-Axial-Hemmung mit mehrstufigen Paletten und Ankerrad für eine gleichmäßige Impulsübertragung für noch höhere Ganggenauigkeit.
All die konstruktiven Vorteile der Manufakturwerke veranlassten Omega dazu, über die Gangprüfung durch die offizielle Schweizer Chronometeragentur COSC hinauszugehen und seine Uhren der Prüfstelle METAS zur zusätzlichen Zertifizierung zu unterziehen. Die fertig montierten Uhren werden auf Funktionssicherheit, Gangstabilität, Wasserdichtigkeit, Gangreserve und Widerstandsfähigkeit gegen extreme Magnetfelder bis 15.000 Gauß geprüft.
Eine Uhr, die alle diese Tests besteht, wird von METAS als Master Chronometer zertifiziert. Aufgrund der beachtlichen Stückzahl der von Omega produzierten Uhren hat die Prüfstelle eine Niederlassung im Omega-Gebäude in Biel. Die von beiden Partnern vertraglich bestätigte Unabhängigkeit der Prüfungen ist jederzeit gewährleistet.
Und unsere Testuhr? Sie hält die hohen Qualitätsansprüche, die sie verspricht, sowohl auf der Zeitwaage als auch am Handgelenk. Die elektronische Prüfung ergab einen Vorlauf von 4,2 Sekunden pro Tag, am Handgelenk jedoch nur von 2 Sekunden. Die einzelnen Positionen lagen nur 4 Sekunden auseinander, was noch schwieriger zu erreichen ist als eine geringe Durchschnittsabweichung.
Dieses Seamaster 300-Uhrwerk bietet die gleichen Vorteile wie die Vorgängergeneration, auch wenn die überdurchschnittliche Leistung des Uhrwerks und des gesamten Gehäuses offiziell von METAS zertifiziert ist, was Omega dazu inspirierte, für seinen Master Chronometer eine fünfjährige Garantie anzubieten.
Taucheigenschaften
In unserem Test erwies sich die Uhr als hochwertig, langlebig, präzise, einfach zu bedienen und angenehm zu tragen. Ein Manko muss allerdings erwähnt werden. Die gut greifbare Lünette ragt für eine bequemere Handhabung über die Gehäuseränder hinaus, kann dadurch aber verrutschen, wenn man in die Tasche greift oder den Arm durch den Rucksackgurt steckt. In unserem Tragetest verging kein Tag, ohne dass sich die drehbare Lünette ungewollt bewegte. Wer tatsächlich vorhat, eine 6.500 Dollar teure Uhr als Backup-Instrument beim Tauchen zu verwenden, für den bietet Omega mit der Seamaster-Reihe fraglos geeignetere Optionen. Der hier getestete Seamaster 300 Co-Axial Master Chronometer ist ideal für den Wassersport, aber nicht unbedingt zum Tauchen geeignet. Gleiches gilt für das Edelstahlarmband: Die Verlängerung ist nicht lang genug, um über einen Taucheranzug zu passen (ein extra langes Textilarmband kann separat erworben werden).
Auch die Lünettenschiene ohne Minutenmarkierungen weist darauf hin, dass Omega hier eher ein harmonisches Retrodesign und nicht unbedingt eine robuste Toolwatch schaffen wollte. Insgesamt ist die Seamaster 300 daher eher für den Alltag oder Freizeitsport sowie für festliche Anlässe zu empfehlen – überall dort, wo sie ihre Vorzüge voll ausspielen kann.
Neu schlägt Alt?
Ist die neue Generation der Seamaster 300 besser als die alte? Man denke nur an die voll leuchtende Lünettenschiene, die harmonischere Farbgebung mit einheitlich beige-braunen Anzeigen, ein eleganteres Armband, das METAS-Zertifikat, dazu fünf Jahre Garantie und eine neue Edelstahlvariante in Blau. Gegenargumente gibt es zwar, aber sie sind weniger zahlreich: Die Lünette ist anfälliger für Kratzer, die Schließe hat eine kürzere Schnellverstelllänge und der „Lollipop“-Sekundenzeiger ist vielleicht nicht jedermanns Geschmack (uns gefiel der pfeilförmige Zeiger besser, der auch bei anderen Omega-Modellen wie der Moonwatch zum Einsatz kam und seine Funktion als Sicherheitskontrolle beim Tauchen fast so gut erfüllt wie der große Lollipop-Zeiger). Insgesamt haben die subtilen Design-Updates der neuen Seamaster 300 zu einem ausgewogeneren und edleren Erscheinungsbild geführt und Technik, Funktionalität, Ausführung und Verarbeitung der Uhr lassen kaum Wünsche offen. Kurzum: Der Generationswechsel ist in jeder Hinsicht gelungen.
Omega Seamaster 300 Technische Daten:
Hersteller: Omega S.A., Stämpflistrasse 96, 2504 Biel/Bienne, Schweiz
Referenznummer: 234.30.41.21.03.001
Funktionen: Stunden, Minuten, Sekunden
Uhrwerk: Manufakturwerk 8912 mit antimagnetischen Komponenten, Automatik, Chronometer, 25.200 Halbschwingungen pro Stunde, 38 Steine, Sekundenstopp, Stundenschnellverstellung, Koaxialhemmung mit Siliziumspirale und DLC-beschichteter Titanunruh, Feineinstellung mit Regulierschrauben, zwei seriell angeordnete Federhäuser, Nivachoc-Stoßdämpfer, 60 Stunden Gangreserve, Durchmesser = 29 mm, Höhe = 5,5 mm
Gehäuse: Edelstahl, Aluminiumlünette, gewölbtes Saphirglas mit Antireflexbeschichtung innen, verschraubte Krone, vollständig verschraubter Gehäuseboden mit Saphirglas Sichtfenster aus Kristallglas, wasserdicht bis 300 m
Armband und Verschluss: Edelstahlarmband mit einfacher Sicherheitsfaltschließe und stufenweiser Verlängerung, bis 3,8 mm
Gangergebnisse: Abweichung in Sekunden pro 24 Stunden
Maße: Durchmesser = 41 mm, Höhe = 13,85 mm, Gewicht = 143 g
Varianten: Mit schwarzem Zifferblatt und Lünette (Ref. 234.30.41.21.01.001, 6.500 $), mit Bronze-Gold-Gehäuse (Ref. 234.92.41.21.10.001, 11.600 $)
Preis: 6.500 $
Bewertungen:
Armband und Verschluss (max. 10 Punkte): Die Armbandglieder sind sicher mit Schrauben befestigt und die Oberflächen sorgfältig bearbeitet. Die Sicherheitsfaltschließe mit inkrementeller Verlängerung ist robust, funktional und ansprechend. 9
Gehäuse (10): Hohe Wasserdichtigkeit, makellose Verarbeitung, zwei Saphirgläser; die Aluminiumlünette ist nicht kratzfest. 8
Zifferblatt und Zeiger (10): Schön verarbeitetes „Sandwich“-Zifferblatt und -Zeiger; alle Anzeigen leuchten im Dunkeln. 8
Design (15): Harmonisches, sportlich-elegantes Retro-Design; der Lollipop-Sekundenzeiger ist vielleicht nicht jedermanns Sache. 13
Lesbarkeit (5): Skalen und Zeigerlängen sowie Leuchtkraft sind insgesamt gut, das gewölbte Saphirglas ist jedoch stark reflektierend. Im Dunkeln verwirren die Fülle an leuchtenden Markierungen, Ziffern und der nur an der Spitze leuchtende Minutenzeiger. Aus historischen Gründen besitzt die Lünette keine Minutenmarkierungen. 3
Bedienung (5): Ergonomisch geformte Krone, geriffelte Lünette, Sekundenstopp-Mechanismus, Schnellverstellung für den Stundenzeiger, jedoch kann sich die Lünette ungewollt verschieben. 4
Tragekomfort (5): Dank Verlängerungsstück liegt die Uhr immer angenehm am Handgelenk, Haare werden nicht eingeklemmt oder gezogen. 5
Uhrwerk (20): Das individuell dekorierte, antimagnetische Uhrwerk läuft dank freischwingender Silizium-Spiralfeder und Co-Axial-Hemmung chronometerzertifiziert genau und dank zweier Federhäuser lang und gleichmäßig; überragend. 19
Gangergebnis (10): Durchschnittlicher Tagesvorlauf und maximale Abweichung sind mit 4 Sekunden pro Tag gering, Vorlauf am Handgelenk beträgt nur 2 Sekunden pro Tag. 9
Gesamtwert (10): Preislich angemessen für Marke und Qualität der Uhr. 8
GESAMT: 86 Punkte